DGAUM-Vortragspreis 2024

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Dr. med. Anna Wolfschmidt-Fietkau erhielt im Rahmen der 64. Wissenschaftlichen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) den Preis für den besten Vortrag zum Themenschwerpunkt „Biomonitoring und Biomarker“. Verliehen wurde der Preis für die Präsentation mit dem Titel „Flusssäure-Exposition in einem Humanhaut-ex-vivo-Modell – Prüfung unterschiedlicher Dekontaminationsstrategien und Implikationen für Erste-Hilfe-Maßnahmen in der Praxis.“

Flusssäure (wässrige Lösung des Fluorwasserstoffs, HF) wird in vielen Industriezweigen eingesetzt (z.B. Halbleitertechnik, KfZ-Bau). Eine dermale Exposition im Rahmen von Unfallereignissen kann neben einer lokalen Verätzung auch zu vital bedrohlichen systemischen Reaktionen durch die Aufnahme von Fluorid in den Körper führen. Das Ziel von Erste-Hilfe-Maßnahmen muss daher sein, den HF-Übertritt durch die Haut zu minimieren.

In einem Ex-vivo-Modell wurden Penetrationsexperimente an frisch exzidierter, lebensfähiger Humanhaut durchgeführt. Dazu wurden statische Diffusionszellen nach der von Franz (1975) entwickelten Technik verwendet. Donorkammer und Akzeptorkammer der Diffusionszellen sind dabei durch die Humanhautpräparate (0,64 cm2, 0,9 mm Dicke) voneinander getrennt. In der Donorkammer wird Flusssäure auf die Haut (epidermale Seite) aufgetragen. Durch Pro-beentnahme aus der in der Akzeptorkammer befindlichen Rezeptorlösung zu definierten Zeit-punkten kann die penetrierte Fluoridmenge bestimmt werden. Es wurde der Effekt verschie-dener Expositionsdauern und Dekontaminationsstrategien verglichen.

Für die HF-Absorption und somit die systemische Fluoridaufnahme erwiesen sich folgende Einflussfaktoren als relevant:

  1. Zeitpunkt des Dekontaminationsbeginns. Ein frühestmöglicher Beginn der Hautreini-gung war für die penetrierte Fluoridmenge entscheidender als die Wahl eines konkre-ten Dekontaminationsmittels.
  2. Hauttemperatur. Ein Absenken der Hauttemperatur von 32°C auf 24°C reduzierte die penetrierte Fluoridmenge signifikant.
  3. Wahl des Dekontaminationsmittels. Die Reinigung mit PEG 400 zeigte sich hinsichtlich der penetrierten Fluoridmenge als am wenigsten wirksam. Der Einsatz von Wasser vs. Calciumgluconat vs. Hexafluorine® als Dekontaminationsmittel führte zu keinem signifikanten Unterschied in der Fluoridaufnahme. Der Zusatz von säurepuffernden Sub-stanzen zu Dekontaminationsmitteln verbesserte deren Wirksamkeit.

Bei Unfällen mit dermaler Flusssäurekontamination ist die entscheidende Erste-Hilfe-Maßnahme die möglichst rasche Reinigung des betroffenen Hautareals. Alle anderen Maßnahmen – auch die Wahl des Dekontaminationsmittels – sind von nachrangiger Bedeutung. Kühle und säurepuffernde Dekontaminationsmittel können die aufgenommene Fluoridmenge zusätzlich reduzieren.

Literatur: Franz TJ (1975) Percutaneous absorption. On the relevance of in vitro data. J Invest Dermatol 64(3): 190–195. doi: 10.1111/1523-1747.ep12533356