Hautresorption

Barrierefunktion der Haut

Die Körperoberfläche eines erwachsenen Mannes beträgt knapp 2 m², etwas kleiner ist die weibliche Körperoberfläche. Diese Oberfläche ist mit Haut bedeckt. Speziell differenzierte Zellen und Bestandteile der Haut sind u.a. für Homöostase, Schmerz-, Temperatur- und Druckperzeption verantwortlich. Die Haut bildet eine Barriere die uns gegen die Umwelt abgrenzt und uns vor Wasserverlust schützt. Diese Hautbarriere muss ein Stoff zuerst durchdringen um den Blutkreislauf zu erreichen und somit systemisch aufgenommen zu werden. Die äußerste Hautschicht, das Stratum corneum bildet den Hauptteil dieser Barriere. Das Stratum corneum setzt sich aus 10-20 Schichten verhornter, kernloser Keratinozyten bzw. Korneozyten, die ziegelsteinartig in eine lamellare Lipidschicht eingebettet sind  zusammen („brick and mortar model“, Elias 1983).  Durch punktförmige desmosomale Verbindungen („Nieten“) und Verzahnung hakenförmiger Oberflächenstrukturen werden die Korneozyten gegen Verschiebungen stabilisiert. Nach Bildung in der Basalzellschicht wandern Keratinozyten durch die Epidermis differenzieren sich zu den Korneozyten und werden letztendlich abgestoßen (Hautschuppen).

 

Abbildung 2: dermale Absorption

Chemikalien passieren das Stratum corneum meist durch passive Diffusion wobei Geschwindigkeit und Menge sowohl von ihren physikalisch-chemischen Charakteristika als auch von der Haut selbst (u.a. Diffusionsfläche und –strecke) abhängt. Das Stratum corneum kann von Substanzen interzellulär (siehe Abbildung) überwunden werden, d.h. die Substanz diffundiert in der Lipidschicht an den Korneozyten entlang. Je nach chemischen und physikalischen Eigenschaften einer Substanz kann diese das Stratum corneum auch transzellulär, d.h. durch die Korneozyten überwinden (siehe Abbildung). Diskutiert wird auch eine möglich Aufnahme über Haarfollikel (siehe Abbildung). Eventuell kann der transfollikuläre Weg bei besonders behaarter tierischer Haut von Bedeutung sein.

Die Aufnahme von Substanzen in die Haut und durch die Haut in den Organismus kann durch viele Faktoren (siehe Tabelle) beeinflusst werden.

Einflussfaktoren der dermalen Absorption.
(nach Kilo (2017) Hautabsorption. In: Schmitz-Spanke et al.; Umweltmedizin)

 

Einflussfaktoren der dermalen Absorption. (nach Kilo (2017) Hautabsorption. In: Schmitz-Spanke et al.; Umweltmedizin)

Eigenschaft Einflussfaktor
Haut physiologisch/
anatomischphysikalisch/
chemisch
Alter / Zustand / anatomischer Ort
(Metabolismus)Temperatur
Hydratisierung des Stratum Corneum
Substanz physikalisch/
chemisch
Molekülradius (Molekulargewicht)
Wasser- bzw. Lipidlöslichkeit (log KOW)
Dosis
Lösungsmittel physikalisch/
chemisch
Viskosität
Temperatur
„Penetrationsverstärker“ (Penetration enhancer)
Exposition Fläche
Zeit

Methoden zur experimentellen Erfassung der dermalen Absorption

In-vivo : Messung im intakten Organismus
Studien mit Probanden z.B. intradermale Mikrodialyse, Biomonitoring …
Ex-vivo: Messung außerhalb des Organismus in physiologisch und metabolisch intakten Systemen
Studien an exzidierter Haut; z.B. Diffusionszellstudien, Mikrodialyse …
In-vitro: Messung in artifiziellen Systemen
Studien an artifizielle Hautmembranen (z.B. Diffusionszellstudien) oder in Zellkultur …
In-silico: Theoretische Berechnungen dermaler Absorptionsmechanismen.
Berechnungen und Computersimulationen; z.B. nach Diffusionsprinzipien, experimentellen Daten

Goldstandard zur Bewertung dermal aufgenommener Substanzen sind in-vivo Humanstudien. Da sich Tierhaut in der Stratum corneum Dicke und der Anzahl an Haarfollikeln deutlich von Humanhaut unterscheidet, ist diese nur bedingt für Penetrationsuntersuchungen geeignet. Da sich die Haut verschiedener Spezies auch hinsichtlich ihrer enzymatischen Ausstattung/Aktivität unterscheiden sind ebenfalls Humanversuche (in-vitro oder ex-vivo) zur Bewertung von Substanzen die intradermal zu einem pharmakologisch („Prodrug“) oder toxikologisch wirksamen Metabolit umgewandelt werden (Kilo et al. 2016) vorzuziehen.

Projekte

Depotbildung von aromatischen Aminen in der Humanhaut nach wieder­holten Schmierfett-Kontakten (BK 1301 Thematik Schmierfette Hautdepot Bildung)

gefördert durch die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG HM)

Verantwortlich: PD Dr. med. Sonja Kilo

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Systemische Aufnahme von organischen UV-Filtern aus Sonnenschutz­mitteln beim Menschen

gefördert durch das Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege

Verantwortlich: Dr. med. Julia Hiller

Sonne ist für den Menschen ein wichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens mit vielfältigen positiven Auswirkungen – sie birgt allerdings für die Haut die Gefahr kurz- und langfristiger Schäden durch UV-Strahlung. Vor diesen soll die Anwendung von Sonnenschutzmitteln schützen, so dass deren Anwendung für alle Bevölkerungsgruppen zum Schutz vor UV-Strahlung propagiert wird. Durch die breite Anwendung von Lichtschutzmitteln stellt sich aber auch die Frage nach einer möglichen Aufnahme in den menschlichen Körper.

Ziel unseres  Forschungsvorhabens ist zunächst eine Expositionsabschätzung hinsichtlich einer transdermalen Penetration der wichtigsten aktuell in Deutschland in Sonnenschutzmitteln verwendeten UV-Filter (Ethylhexylsalicylat, Octocrylen und Avobenzone) am Menschen. Im Rahmen einer in-vivo-Studie an freiwilligen Probanden wird die innere Belastung und die Ausscheidung dieser Substanzen und Metabolite bei gesunden Probanden nach der bestimmungsgemäßen Anwendung von gängigen Sonnenschutzmitteln unter realen Anwendungsbedingungen ermittelt. Durch zusätzliche Diffusionszellversuche sollen die Ergebnisse der in-vivo Bedingungen mit ex-vivo Methoden verglichen werden und dadurch Rückschlüsse auf alternative Aufnahmewege (z.B. orale Aufnahme, Hand-Mund-Kontamination) ermöglichen.

Studie zur Effektivität von Hautreinigungsprozeduren und Wirkung von Antidots bei Flusssäurekontamination (Phase I-IV)

gefördert durch die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM)

Verantwortlich: PD Dr. med. Sonja Kilo (Dr. Gintautas Korinth)

Fluorwasserstoffsäure (Synonym: Flusssäure) ist die wässrige Lösung von Fluorwasserstoff. Aufgrund ihrer sich deutlich von anderer Säuren unterscheidenden chemischen Eigenschaften ist Flusssäure für einige Industriezweige wie die petrochemische Industrie (Veredelung von Mineralölen bei der Treibstoffherstellung) oder die Elektronikindustrie unverzichtbar. Dort findet die Fähigkeit der Flusssäure Glas zu ätzen (d.h. Silikate zu lösen) bei der Herstellung von Leiterplatten ihren Einsatz. Flusssäure wird als Ausgangsstoff zur Erzeugung von chemischen Fluorverbindungen benötigt. Ein Beispiel dieser Verbindungen ist Polytetrafluorethylen (Gore-Tex®, Textilveredelung).

Chemisch betrachtet ist Flusssäure eine vergleichsweise schwache Säure. Da sie in wässriger Lösung schwach dissoziiert und wenig hydratisiert vorliegt kann die lipophile Flusssäure sehr gut in und durch Haut penetrieren. Das führt besonders bei niedrigen Konzentrationen dazu, dass Flusssäure als Kontaktgift fungieren kann, d.h. durch die Haut aufgenommen werden ohne diese oberflächlich zu zerstören. Dagegen bewirkt Flusssäure in höheren Konzentrationen auch sofortige, oberflächliche und säuretypisch korrosive Verletzungsmuster. Die größte Gefahr die von Flusssäure für den Menschen ausgeht ist die systemische Kalzium-Scavenger („Fänger“) Wirkung. Kalzium ist essentiell für viele physiologische und biochemische Prozesse, die bei einem Mangel nicht mehr oder nur eingeschränkt stattfinden können. Physiologisch bewirkt Kalziumverlust z.B. ein Verschieben anderer Ionen (unter anderem Kalium), was in Folge zu einer Dysbalance des Ionenhaushaltes und letztendlich zu Herzstillstand führen kann.

Phase I – Entwicklung eines Humanhaut ex-vivo-Modells zur Untersuchung der Hautschädigung durch irritative chemische Stoffe am Beispiel von Flusssäure

Mit der etablierten Diffusionszell-Methode (Franz 1975) soll an exzidierter Humanhaut die Hautpenetration von Flusssäure untersucht werden.

Abbildung 4: Statischen Diffusionszelle nach Franz TJ (Percutaneus absorption. On the relevance of in vitro data. J Invest Dermatol 64:190-195).

Da Diffusionszellen geeignet sind, exzidierte Haut für einen begrenzten Zeitraum lebensfähig zu erhalten kann die Haut entsprechend in gewissem Maße auf irritative Reize zu reagieren. Zum definierten Zeitpunkt der Flusssäure-Exposition werden eventuelle Hautveränderungen makroskopisch und histologisch charakterisiert. Außerdem werden biochemische Untersuchungen zur Erfassung einer Frühschädigung der Haut durchgeführt.

Phase II – Überprüfung der Effektivität verschiedener empfohlener Hautreinigungs-Maßnahmen (Antidots) zur Dekontamination der Haut nach Flusssäurebelastung mit dem in Phase I der Studie entwickelten Modell

Aufgrund der schon bei geringen Konzentrationen systemisch toxischen und lokal destruktiven Folgen dermaler Exposition mit Flusssäure ist es vordringlich geeignete Maßnahmen zur Dekontamination zu prüfen. Empfehlungen zur ersten Hilfe sind z.B.:

  • zuerst die Haut gründlich mit Wasser abspülen und anschließend Calciumgluconat-Gel (2,5%ig) einzumassieren.
  • Für das speziell für Flusssäure-Exposition entwickelte Hexafluorine® (Prevor) wird empfohlen, die Haut direkt, ohne vorheriges Abwaschen der Haut zu behandeln.
  • Insbesonders in Katastrophenschutzplänen wird Polyethylenglycol (PEG) 400 (Lutrol®, BASF) als primäres Reinigungsmittel vor einer Behandlung mit Calciumgluconat empfohlen.
  • Zum Teil wird PEG 400 in der betriebsärztlichen Praxis als alleiniges Antidot empfohlen.

In dieser Phase soll eine Hautreinigungsmodell angelehnt an das in Phase I entwickelt Model zur Untersuchung der Fluoridpenetration nach Kontamination mit Flusssäure entwickelt werden und gängige, in der Praxis verwendete Dekontaminationsstrategien vergleichend geprüft werden.

Phase III – Prüfung besonders frühzeitiger Dekontamination nach Flusssäureexposition, des Langzeit-Penetrationsverhalten von Fluorid, der Änderung von Hauttemperatur und intradermalen pH nach Flusssäureexposition und alternativer Dekontaminationsstrategien

In dieser Phase sollen folgende Fragen genauer Untersucht werden:

  • Effektivität besonders frühzeitig beginnender Dekontamination nach Flusssäureexposition
  • Untersuchung des Langzeitpenetrationsverhaltens (über 72 Stunden) von Fluorid nach Flusssäureexposition
  • Untersuchung des intradermalem pHs und der Hauttemperatur nach Flusssäureexposition

Phase IV 1 – Prüfung alternativer Dekontaminationsstrategien unter besonderer Berücksichtigung des intradermalen pH nach Flusssäureexposition

In dieser Phase soll untersucht werden, wie eine pH-Verschiebung die Penetration von Fluorid durch menschliche Haut beeinflusst?

Gegebenenfalls sollen daran anschließend die verschiedenen Dekontaminationstechniken vor dem Hintergrund der gewonnenen Informationen bewertet und gegebenenfalls adaptiert werden.

Dermale Penetration von Aluminium

Verantwortlich: PD Dr. med. Sonja Kilo

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Einfluss von physiologischen und physikalischen Faktoren auf die dermale Penetration

Verantwortlich: PD Dr. med. Sonja Kilo

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Intradermaler Metabolismus

Verantwortlich: PD Dr. med. Sonja Kilo

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